Durchgangsverkehr

Durchgangsverkehr - k.o.-Kriterium für angenehmes Wohnumfeld und Strassensicherheit

veröffentlicht 09.11.2018 
Flexibilität und Mobilität sind täglich zu hörende Schlagworte. Nirgends hat sich dies wahrscheinlich tiefer in das Bewusstsein und Verhalten der Menschen eingebrandt als im Bereich der Arbeitswelt. Um das tägliche Brot zu verdienen – sei es als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – wird zu einem Großteil auf den motorgetriebenen fahrbaren Untersatz zurückgegriffen. Statistiken belegen zur Genüge, welche Fortbewegungsmittel für welche Entfernungen genutzt werden. Über Sinn oder Unsinn, Bequemlichkeit oder Alternativlosigkeit kann und wird man ohnehin unterschiedlicher Ansicht sein. Das Problem hierbei ist vielmehr die Auswirkung dieses Sachverhalts - insbesondere in Ballungszentren und, wie unsere Ortschaft betreffend, an den Hauptzufahrtsrouten dahin. Pech für alle, die an diesen Trassen wohnen. Falsche Schlüsse durch die Politik hinsichtlich effektiver Steuerungsmaßnahmen (Stichwort Verkehrspolitik) bewirken nichts oder kaum etwas, so dass am Ende der Status Quo bleibt. 
Diese Route wird aber auch intensiv von Berufspendlern und Handwerkern aus dem Wirtschaftsraum Nordsachsen (Kfz-Kennzeichen von Delitzsch, Torgau und Oschatz) und von Lieferverkehr genutzt. An Werktagen belegen in Mölkau 20.000 Kraftfahrzeuge pro Tag die entsprechenden Straßen. Die 6000 Einwohner unseres Ortes haben daran sicher nur einen kleineren Anteil.

Da die benutzten Straßen dieser Anforderung nicht gewachsen sind, hat das damalige Amt für Verkehrsplanung schon Anfang der 90er-Jahre Untersuchungen zur Verbesserung durchgeführt. Zwei Lösungsmöglichkeiten wurden vorgeschlagen:

• vierspuriger Ausbau der benutzten Straßen – Wohngebietsvariante
• vierspuriger Neubau einer Straße neben der Bahntrasse - Bahnvariante

Beide Varianten wurden konträr diskutiert und eine Entscheidung immer wieder verschoben. Auf Grund der hohen Lärmbelastung in den Wohngebieten hat der Stadtrat inzwischen beschlossen, die Wohngebietsvariante aus der Planung zu streichen (siehe Beschlussvorlage  VI-DS-06081 zur Änderung des Flächennutzungsplans). Die Bahnvariante bleibt in der strategischen Planung, aber nur noch als zweispurige Straße. 

Diese zweispurige Trassenführung würde relativ wenig Eingriffe in die Natur erfordern und ermöglicht an belastenden Stellen umfassend Lärmschutzmaßnahmen. Speziell im Bereich Stünzer Park erneuert die Bahn gegenwärtig von der Cunnersdorfer Straße bis zum Rietzschkebach die Brücken. Dafür wurde mit Schotter eine Baustraße bis in den Park eingerichtet. Diese Baustraße markiert den Flächenbedarf für die Bahnvariante. Hinter den Häusern der Härting-Straße könnte sie ebenerdig in einer Einhausung geführt werden.
Im Stünzer Park müsste der Bahndamm um die Straßenbreite (6,50 Meter plus Randstreifen) verbreitert werden. Da die Bahn nach Abschluss der Brückenbauarbeiten die Gleise mit Schallschutzwänden versieht, müssen keine Abstandsflächen eingehalten werden. Wird die Straße ebenfalls mit einer Schallschutzwand versehen, dann werden die stetig mit 50 km/h dahin rollenden Fahrzeuge die Lärmbelastung im Park kaum verstärken. Der Verlust des 10 m breiten Streifens ist bei ca. 700 Meter Parkausdehnung sicher auch verkraftbar. Schmerzlich ist allerding der Verlust einiger Bäume.
Sowohl von Mölkauer als auch von Sellerhäuser/Stünzer Seite wird schon lange nach anderen Verkehrslösungen gesucht. Der BV Sellerhausen hat vor Jahren eine dritte Variante vorgeschlagen: Neubau einer Straße östlich von Mölkau, weiter durch das Rietzschke-Gebiet nach Probstheide (zwischen Parkklinikum und Herzzentrum) zur Prager Straße. Dieser Vorschlag wurde von der Baubürgermeisterin Dubrau abgelehnt. Ein neuerer Vorschlag des BV Sellerhausen nennt sich “Verkehrsberuhigtes Zentrum Mölkau”: Die Paunsdorfer Straße soll nach der Querung der Rietzschke auf einer Rampe unter die Engelsdorfer Straße geführt werden. Auf der anderen Seite müsste der Trog als Tunnel errichtet werden, da sonst die Anlieger nicht einmal zu Fuß an ihre Grundstücke kommen. Die Rampe verläuft weiter durch die für einen Verbrauchermarkt vorgesehene Fläche bis weit in die Sommerfelder Straße. Die für die Rampen erforderlichen Tröge würden so breit, dass keine Abbiegemöglichkeiten auf die Engelsdorfer Straße mehr bestehen. Unser Ortszentrum wäre verbarrikadiert.
Wir kämpfen auch für kleinteilige Maßnahmen. Zur Belebung des Fahrradverkehrs müssten Schutzmaßnahmen in der Paunsdorfer und der Sommerfelder Straße realisiert werden. Für Fahrradwege reichen aber die Straßenbreiten nicht aus, und Schutzstreifen (gestrichelte Linien) werden auf Grund der zu hohen Verkehrsbelastung nicht zugelassen. Auch eine Temporeduzierung auf den genannten Straßen wird vom VTA abgelehnt, da diese Straßen Hauptverkehrsstraßen des Leipziger Straßennetzes sind.
Der Durchgangsverkehr auf dem Mittleren Ring als auch der Stadt-Umland-Verkehr über die Engelsdorfer, Zweinaundorfer und Albrechtshainer Straße belastet Mölkau in extremer Weise. Wann wird die Stadt endlich aktiv, uns eine Verkehrsentlastung zu bringen?
Schon jetzt sind große Teile der Geschäfte des Mölkauer Ortszentrums verwaist, sind Wohnhäuser verlassen und werden dem Verfall preisgegeben. Leere Fensterhöhlen prägen das Strassenbild (lesen Sie auch hier). Ein Zustand, den insbesonders die Alteingesessenen beim Blick auf frühere Zeiten zutiefst bedauern und zu Recht beklagen. Seit Jahren werden Anstrengungen durch Anwohner betroffener Strassen unternommen, um auf das Problem hinzuweisen (siehe z.B. hier). Aktionen mit Pressevertretern, Anfragen beim Ortschaftsrat und der Stadt verhallen oder scheitern, eine eingereichte Petition wird unbegründet abgelehnt. Dabei bietet insbesondere diese eine hervorragende Grundlage für einen neuen Denkansatz hinsichtlich Alternativrouten.
Die Geduld ist vor allem nach dieser Ablehnung nun jedoch zu Ende. Einige Bewohner  wurden kürzlich entweder durch ihr Umfeld, über Flyer oder mittels Direktkontakt über anstehende Aktionen informiert. Die Bürgerinitiative Mittlerer Ring Ost/Südost plant zeitnah einen Demonstrationszug durch das Ortszentrum   Mölkaus   und   wird  damit   für   einige  Stunden   die 
Hauptrouten für den Durchgangsverkehr lahmlegen. Damit soll aufmerksam gemacht werden, dass Mölkau ein Wohngebiet ist und der Wirtschaftsverkehr über die ausführlich auf der Webseite der Bürgerinitiative beschriebene Alternativroute entlang der Bahntrasse Sellerhausen-Stötteritz, der sog. Bahnvariante, geführt werden kann. Erste Informationen wurden bereits mündlich per "Haustürgespräch" oder per Flyer an die Anwohner gegeben und zur regen Teilnahme und Unterstützung der Aktion aufgefordert.

Auch wir befürworten und unterstützen diese Aktion. In deren Vorfeld ist geplant, an den betroffenen Haupteinfallstrassen gut sichtbar Banner zu platzieren. Damit soll das Verkehrsproblem in der Ortsmitte und seine unmittelbaren Folgen dort sowohl bei den Entscheidern in der Stadtverwaltung wahrgenommen als auch bei den Autofahrern ins Bewusstsein gebracht werden.  Die Divise lautet: Banner pro Entlastung - Protest für ein lebenswertes Mölkau!

Da Herstellungskosten für diese Banner anfallen (die wir als noch junger Verein nicht selbst stemmen können), benötigen wir hierfür Unterstützung. Aus diesem Grund hatten wir uns am vergangenen Buß- und Bettag zum Adventsmarkt der Erlebnistöpferei im Gutshof gesellt, und einen Plätzchen-Basar unter dem Motto "Leckeres Gebäck für weniger Verkehr und Dreck" veranstaltet. Dabei füllte sich nicht nur die Spendendose. In den zahlreichen erhellenden Gesprächen mit den Besuchern stießen wir mit dem Thema Verkehrsbelastung auf reges Interesse. Vor allem auch deshalb, weil aufgrund des eigenen Wohnumfeldes bei manchem Gesprächspartner dies nicht im Fokus der eigenen Wahrnehmung stand - verständlicherweise. Was man nicht bemerkt, stellt augenscheinlich auch kein Problem dar.  

Allerdings stellten wir auch fest, dass eine "Reduzierung" des Sachverhaltes ausschließlich auf die Ortsmitte zu kurz greift und offenbar an anderen Stellen im Ort die Geduldsfäden allmählich bersten. Die Alternative, den Durchgangsverkehr (nicht den Individualverkehr(!)) gemäß der Bahnvariante zuführen, ist in jedem Fall ein Weg in die richtige Richtung. Allerdings werden Anwohner auf dem Gebiet Zweinaundorfs oder an den Grenzen zu Baalsdorf von diesen Effekten nicht profitieren. Der aus Nordsachsen allgemein und aus Richtung Brandis im speziellen strömende Pendlerverkehr belastet die Brandiser bzw. Zweinaundorfer Strasse extrem stark, sowie die von vielen zunehmend als Ausweichroute genutzte 30er-Zone Albrechtshainer Strasse. Folge vor allem hier: Missachtung der Geschwindigkeit sowie der Vorfahrtsregel "Rechts-vor-Links" und damit eine Gefahr - insbesondere für Schulkinder.
Wir werden daher diese Anregungen mitnehmen und in unserer Vereinsarbeit hinsichtlich der Reduzierung des Durchgangsverkehrs integrieren.

Weiterführende Infos:


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