Wer die Wahl hat, hat die Qual, doch manche Qual lässt keine Wahl!
Monatsgrüße 03/2025
Wieviel Wahrheit in diesem Zitat steckt, dürfte Vielen spätestens bei der Bekanntgabe der Wahlergebnisse zur Bundestagswahl bewusst geworden sein - und zwar auf allen Seiten und in allen Ebenen. Ganz gleich, ob und wo ein jeder von uns sein Kreuz gesetzt hat oder wer am Ende die Geschicke unseres Landes führt: das Resultat ist immer auf die Zufriedenheit derjenigen zurückzuführen, die im Tagtäglichen mit all den Regularien, Sachzwängen und Zuständen konfrontiert werden (weil sie eben irgendwann mal so von übergeordneter Stelle entschieden worden sind oder zumindest als Ergebnis einer solchen Entscheidung stehen). Das trifft im Großen Themenkanon genauso zu wie im Kleinen und sollte von den Verantwortlichen gern mehr selbstkritisch reflektiert werden, statt bloße Verwunderung hervorzurufen.
Bekanntlich erfolgt das aber eben gerade nicht immer zuverlässig.
Das gilt für die Politikbühne in Berlin genauso wie auf kommunaler Ebene. Es wundert also nicht, wenn gerade hier auf der untersten politischen Sprosse sich zunehmend Bürger zu Wählervereinigungen zusammenschließen und antreten, um das Heft des Handelns in ihren Ortschaften selbst in die Hand zu nehmen. So erreichte – wenn man einmal den Blick über Mölkau hinaus schweifen lässt - bspw. der Heimatverein Miltitz vergangenes Jahr mit über 53% die deutliche Mehrheit bei den Ortschaftsratswahlen. Gleiches Ergebnis erzielten die „Liebertwolkwitzer unabhängigen Vertreter LUV“ oder in Lützschena-Stahmeln die dortige Bürgerinitiative. Und während die Wählerliste „Verantwortung für Rückmarsdorf VfR“ sich mit über 85% im absoluten Höhenpflug zu befinden schiene, setzten in Seehausen für deren unparteiischer Wählergemeinschaft sogar sagenhafte 99,8% der wahlberechtigten Einwohner ihr Kreuz.
In Engelsdorf und Hartmannsdorf-Knautnaundorf erreichten die Unparteiischen einen beachtlichen dritt- bzw. zweitbesten Platz im Ortschaftsrat und sind damit ein fester Bestandteil.
All diese Ortschaften eint, dass die Zufriedenheit vor Ort über die Jahre hinweg sukzessive schwand oder von Seiten der Stadt Leipzig nur mäßig dort aufrechterhalten werden konnte. Die Qual lässt also keine Wahl, doch entpuppt sich diese am Ende sogar als echte Chance auf Besserung. Für unserer erwähnten Stadtränder können wir das nicht beurteilen. Was unseren Ort angeht, so kann sich ein jeder von Ihnen selbst ein Bild machen. Denn auch, wenn so mancher Beschluss im Ortschaftsrat nur langfristig zum Ergebnis führt, sind durch viele kleine und spontane Taten und direkte Gespräche an einigen Stellen sichtbare Ergebnisse erzielt worden. Jüngst zeigte die zum Neujahrsempfang des Ortschaftsrates angekündigte „Auferstehung“ des Park-Aktivs 2.0 seine Wirkung. Bereits drei Mal folgten zahlreiche Freiwillige dem Aufruf, u.a. dem Unterwuchs des invasiven Spitz- und Eschenahorns im Gutspark gemeinsam Einhalt zu gebieten und damit die Vorgaben der
„Denkmalpflegerichen Zielstellung“ zu unterstützen.
Die Wiesen- und Wegränder sind nun verjüngt und in ihrem vollen Ausmaß wieder vorzufinden. Auch wenn nicht alle das Vorgehen begrüßen, so ist der Unterwuchs des ursprünglich aus Nordamerika stammenden schnellwachsendem Ahornablegers ein Problem für einheimische Gehölze. Bis zu 60 cm pro Jahr kann das Wachstum des Spitzahorns betragen und wahrlich lebensbedrohend für seine unmittelbaren Baumnachbarn werden. Ehe man sich versieht, entsteht binnen kurzer Zeit ein monotoner Stangenwald, der wiederum neue Sprösslinge bildet und freie Wiesenflächen, Lichtungen und Solitärbäume zu- und überwuchert.
Hier gilt daher ebenso die obige Devise von der Qual, die keine Wahl lässt – insbesondere dann, wenn der finanzielle Segen aus Richtung Rathaus für den Stadtforst als unmittelbar ausführendes Organ in Sachen Waldpflege aufgrund der landesweit angespannten Haushaltslage ausbleibt. Kein Wunder, dass die geplante Baumbank für den sog. Tempelberg im Gutswald derzeit kurzerhand auch in Eigenregie gefertigt wird. Ein Dank dafür an Axel Gödicke, der hier ohne viel Aufhebens einfach die Ärmel hochkrempelt. Manches muss man eben selbst in Angriff nehmen, wenn man ein Ergebnis haben möchte. Die Qual lässt also keine Wahl und Punkt!
„Einfach machen!“, so in etwa riet beim letzten Treffen der Leipziger Ortsvorsteher selbst OBM Jung mit Blick auf den städtischen klammen Haushalt. Gerade bei den so oft genutzten Schlagwörtern „Kleinteilige Maßnahmen“ könnte man mit dieser Haltung vor Ort mehr bewirken, als die Verwaltung wohl innerhalb einer Dekade aufgrund selbstgestellter Hürden und Fallstricke je erreichen würde. Vor allem auch deshalb, weil es genug Freiwillige unter den Einwohnern gibt, die mit anpacken würden -im Sinne der Sache und zum Wohle des Ortes. Der Verbindungsweg zwischen Buchenweg und Turnhalle wurde im Zuge des Frühjahrsputzes 2023 so für Passanten schlammfrei und wieder begehbar – an einem Samstagvormittag mit einer Handvoll Helfer. Eine Qual war damit weniger!
Man stelle sich vor, was noch alles durch eine Vielzahl eben solcher Mitbürger und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Verwaltung auf die Beine gestellt werden könnte.
Dazu ist vermutlich - so drastisch das klingen mag – die Qual noch immer nicht groß genug.
AWo
Kontakt Ortsvorsteher: klaus-ruprecht@kabelmail.de / 0157 31 67 41 81